Dienstag, 14. August 2012

Ich wollte nie erwachsen sein (reloaded)

Reloaded, weil ich schon einmal einen Post so genannt habe. Das dürfte noch auf dem alten Blog gewesen sein und darin beschreibe ich ein herrliches Weihnachtsfest, das mir meine Eltern anno dunnemals bereitet haben. Obwohl er prima zum hiesigen Wetter passen würde, verzichte ich auf Verlinkung.
Er, der Post nämlich, war als kleine Danksagung an sie gedacht, die mir eine alles in allem recht glückliche und unbeschwerte Kindheit ermöglicht haben. Sieht man mal davon ab, dass ich ca. die Hälfte der Zeit zwischen dem 6. und 14. Lebensjahr in diversen Krankenhäusern verbracht habe, weil sobald eine Verletzung auskuriert war, die nächste sportlich-halsbrecherische Betätigung ihren Tribut forderte, kann und will ich mich nicht beklagen.
Bei wem auch - meine Eltern, zumindest meine Mutter, lesen hier mit.
Die sind jetzt 75, da ist ein Herzinfarkt schnell mal herbeigeführt, daher beschränke ich mich in meinen Ausführungen bezüglich Kindheitserinnerungen auf die harmlosen beziehungsweise eh schon gebeichteten Vorkommnisse.

Fly.
Niemand wird mir je schlüssig erklären können, wie man einen ausgewachsenen, wolfsähnlichen Schäferhund Fly nennen kann. Sei´s drum. Fly war ein ebensolcher und gehörte zum in unserer Strasse befindlichen Hotel, wo er, schon leicht angegraut, meistens vorm Eingang rumlag.
Mein um immerhin zweieinhalb Jahre älterer Bruder beliebte, wohl weil er mich necken wollte, der Schelm, mich in den Schwitzkasten zu nehmen, aus dem mir die Flucht durch einen äusserst geschickt zu nennenden Hebewurf gelang und während Brüderchen auf den Asphalt, den harten, aufschlug, fühlte Fly sich veranlasst, das zu rächen, indem er wie von der Tarantel gestochen auf- und mich ansprang.
Ich nix wie weg. Hund hinterher. Leicht panisch war ich in die falsche Richtung entwichen und durfte eine fast komplette Blockrunde von geschätzten 500-600 Metern drehen. Hund, der gottseidank schon ein bischen altersschwach daherkam, quasi an den Hacken. Haustür, Schlüssel rausgekramt, ins Schlüsselloch gesteckt, scheisse, Hund zu nah, Schlüssel wieder raus, weitergelaufen, noch ´ne Runde, völlig platt wieder an der Tür, Bewohner will raus, ich rein, praktisch. Ich drin, Hund draussen. Herzschlag gefühlte 400 bpm..

Gloria.
So hiess unser Kino, wo wir uns regelmässig trafen, um uns hintenrum ohne zu bezahlen in die neuesten Bud Spencer und Terence Hill Filme zu schleichen. Wenn wir nicht erwischt wurden, was aber recht selten vorkam.
Wir erfreuten uns an gediegenen Hauereien und lernten die Sprüche auswendig, um beides bei nächster Gelegenheit an ebenso verdutzten wie griesgrämigen Passanten oder anderen Kindern auszuprobieren.
Meistens endete es mit einem Satz heisser Ohren oder wie oben bei Fly.
Nunja.

Tino.
Tino, seines Zeichens waschechter Italiener und Eisbudenbesitzer neben dem Gloria. Wir gaben ihm, schamlos, wie nur Kinder das tun können, das Gefühl, in Deutschland willkommen zu sein. Bei den Erwachsenen hielt sich das doch eher in sehr engen Grenzen, so Anfang der 70er Jahre.
War uns aber ziemlich latte, wir eierten stolz wie Oskar mit 10 Pfennig zu Tino und baten ihn, für ebenjene Summe Waffelbruch, von dem er immer reichlich hatte, einzupacken.
"Ehh, was mache Kinde mit Waffelbruche, brauche Gelati, Eis!" radebrechte er wild gestikulierend und füllte fluggs 2 Kugeln in ´ne Waffel, dazu ´ne Tüte mit Waffelbruch.
Und die 10 Pfennig wollte er auch nicht haben.
Wir haben Tino geliebt. Wahrscheinlich ist er pleite gegangen. Aber mit viel Liebe.

Ulli.
Ulli, Bäckermeisterssohn, Klassenkamerad und späterer Vernichter der Hälfte meiner Sehkraft, war unser Held, hatte er es doch geschafft, sich heimlich ein Duplikat des Backstubenschlüssels zu besorgen.
Yeah, Plunder und Streuselkuchen for all.
Mit ihm verbindet mich noch immer eine recht herzliche Freundschaft. Zwar sehen wir uns nur alle Jubeljahre einmal, aber dann wird´s umso sentimentaler. Knapp 15 Jahre gemeinsamer Kindheit schweissen fürs Leben zusammen. Ausserdem hat er mir ja durch seinen Zwillenschuss die Bundeswehr erspart.
Und er ist auch Bäcker geworden und führt den Betrieb seines Vaters weiter.
Ich liebe solche Connections.
Und Streuselkuchen.
Aber das war ja eh schon bekannt.

Oma Balve.
Die war einfach nur klasse!

3 Kommentare:

Hijack hat gesagt…

Als ob Deine Eltern noch irgendwas schocken könnte. xD Die haben auch sicher zwar nicht alles, aber doch weit mehr mitbekommen, als Du immer denkst. Eltern können doch um die Ecke gucken - mit verbundenen Augen. oO'

Herrliche Erinnerungen jedenfalls. Danke dafür. ^^

frau argh hat gesagt…

sehr schön - ich bin amüsiert ^^ (und versuche sie mir als kleinen marodierenden bengel vorzustellen, der den bus spencer raushängen lässt *hrhr*)

Verdummt in alle Ewigkeit hat gesagt…

Öhm, Fr. Argh, ich war dann doch eher so der Typ Terence Hill...schon alleine vom Erscheinungsbild her. Hab aber ne Kelle wie Bud gehabt, hehe.

Ich garantiere dir, Hjitb, dass es viele, gaaaaanz, gaaaaaaaanz viele Vorkommnisse gibt, von denen meine Eltern nicht die Spur einer Ahnung haben. Wäre dem so, hättense mich spätestens mit 10 annen Wanderzirkus verkauft. Sure.