Freitag, 10. Februar 2012

Von der Melly zur Smelly

Unter dem Arbeitstitel wollte ich heute eigentlich die mir im Vertrauen zugetragene herzzerreissende Geschichte unserer Rezeptionistin Melanie erzählen, die gestern aufwachte und keine morgendliche Dusche nehmen konnte, weil die Eiseskälte das für sie und ihre Wohneinheit zuständige Wasserrohr hat platzen lassen. Wenn mir etwas grad auch olfaktorisch so nahe geht, kann ich normalerweise dem Impuls nicht widerstehen, dies meiner Umwelt mitzuteilen.
Jedoch liess mich soeben ein nochmaliges Lesen der Email einer gewerkschaftsnahen Stiftung aufhorchen, die anbot, einen Redner zum Thema Arbeitsrecht bei mir referieren zu lassen, wogegen ich als progressiver Arbeitgeber ja sicherlich nichts einzuwänden hätte.
Hab ich aber wohl, denn, zarte Gemüter sollten jetzt nicht weiterlesen, Gewerkschaften sind für mich pseudokommunistische beziehungsweise -sozialistische Krebsgeschwüre am Dickdarm der arbeitenden Bevölkerung, gegründet und erhalten, um minderpotenten Juristen und Dampfplauderern ein gesichertes Einkommen zu gewähren und  die Faulheit chronisch mitteilungsbedürftiger Betriebsräte mit Freistellung von ihren Arbeitspflichten zu sichern.
Das schreit nach expliziter Erläuterung.
Österreich heute (wobei Deutschland oder sogar Rest-EU vergleichbar ist, wenn nicht gar noch schlechter abschneidet) :
Der Tourismus ist ein wesentlicher, standbeinbildender Faktor im austriakischen Wirtschaftswesen.
An der Rezeption ein Mensch mit Abitur. Anschliessender Hotelfachschule oder entsprechendem Studium.
Mehrsprachig. Geistig beweglich. Multitasker. Dienstleistend. Menschenkennend. Belastbar. Flexibel.
Bruttoeinstiegsgehalt nach Kollektivvertrag: € 1095,00!
Muss ich noch mehr sagen? Wer unter euch, ich bitte um Handzeichen, glaubt nicht, dass ich vor Scham im Erdboden, dem hartgefroreneen, versänke, würde ich das jemandem mit oben genanntem Anforderungsprofil anbieten?
Gouvernante, in unserem Fall zuständig für die Reinlichkeit von 260 Zimmern, Vorgesetzte von etwa 30 Zimmermädchen, ferner verantwortlich für den gesamten benötigten Materialeinkauf, Wäschereinigung etc.pp. - €1345,50!
Wow, das nenn ich mal arbeiternehmerfreundlich.
Ohne jetzt auf die gesamte soziokulturelle Bedeutung der frühen Gewerkschaften eingehen zu wollen und deren Verdienste ausreichend zu würdigen, muss ich gleich nahtlos überleiten zum jämmerlichen Bild der verkommenen Subjekte, die sich für ein sechsstelliges Jahressalär zu Komplizen derjenigen gemacht haben, die auf Kosten der Gesamtheit ein schönes Leben führen, Stellen streichen, wo eh schon Personal fehlt, mit der Zeitarbeit einen zweiten Arbeitsmarkt errichtet haben, wo nichtmal der erste genug Jobs hergibt und durch pausenloses Lohndumping die wirtschaftliche Entwicklung ihres eigenen Landes dauerhaft schädigen.
Es ist mir peinlich, mit denen in einen Hut geworfen zu werden, ich boykottiere deren Veranstaltungen, bei denen sie  Geld für Obdachlose und Arme sammeln.
Und ich lasse deren Capos nicht in meine Häuser.
Herrje, jetzt hab ich mich doch wieder so aufgeregt...hätt ich mal lieber was über Melly-Smelly geschrieben.

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