Man kann mir ja vieles vorwerfen, aber nicht, dass ich nicht jeden Scheiss mitmachen würde. Gestern war ich sogar mal wieder Vorreiter und Initiator einer Aktion, die wohl unter obiger Überschrift in die Analen und Geschichtsbücher eingehen wird. Obwohl ich weder 7Sterne-Weinbrand, noch Knoblauch-Gurken-Quark aus hellenischer Produktion konsumiere, Alexis Sorbas für einen der schlechtesten jemals gedrehten Filme halte und mir darüberhinaus furchtbar langweilig war, schlich ich zu Andrea, tackerte ihre Bluse unbemerkt an der Rückenlehne ihres Bürostuhls fest und rief: "Eine Maus, da ist eine Maus!" Sie sprang auf, liess die herbeigeeilten Kollegen einen Blick auf ihren nunmehr freiliegenden Push-Up werfen und verfolgte mich durchs halbe Hotel. Wohlweislich bin ich der Einzige, dessen Generalschlüssel alle Türen öffnet, so fanden wir uns, sie auf der Ost-, ich auf der Westseite, wie´s sich für´n ordentliches Kapitalistenschwein gehört, an der Tür zum Server-Raum wieder, sie ausgelaugt und zeternd, wie`s sich...äh, ok, lassen wir das.
"Zieh dich ma ordentlich an, dann fahrn wa inne Stadt", schrie ich, ein Friedensangebot auf hinterhältigste Art und Weise vortäuschend, durchs Holz. Derlei Gelegenheiten sind selten, also nahm sie die wenn auch nur vage vorhandene Chance wahr, den eigenen Geldbeutel schonend zu neuer Konfektion oder sonstigem Firlefanz zu kommen.
"Nehmen wir den grossen Bayern oder den Allrad-Engländer? fragte sie und ohne auf eine Antwort zu warten, stürmte sie los, riss dem für Ver-, Be- und Entsorgemassnahmen eigentlich zuständigen Hausmeister die Schlüssel aus der Hand, streifte sich ein Polo-Shirt mit Hotelwerbung über und schon nahmen wir in der eleganten Limousine mit der 7 am Anfang der Typenbezeichnung Platz.. Eine Weile glitten wir quer durchs Tiroler Hinterland, bis plötzlich eine der geschätzten 3 Millionen Warnlampen ihre Farbe in kommunistenrot änderte. Kaum noch Sprit drin, in der Saukarre, der verfluchten, so bogen wir ab zur Tankstelle mit der Muschel, wo neben logischerweise bleifreiem Treibstoff, man weiss ja schliesslich, was man der Umwelt schuldet, auch Sckokoladenerzeugnisse aus Schweizer Manufakturen in die entsprechenden Vorratsbehälter wanderten.
Mjamm, frisch gestärkt setzten wir den Ausflug fort und erreichten schon bald die grosse, grosse Stadt, die schon mit all ihren Verlockungen nach uns gierte. Was aber wäre ein Trip ins Paradies ohne Einkehr in die Speise- und Schankwirtschaft "Zum güldenen M", wo wir uns die Bäuche vollschlugen, natürlich nicht, ohne uns vorher die Geburtsurkunden der für uns dahingerafften Frikadellen gezeigt haben zu lassen.
"Nun denn, Mundschenk, weiss er das Geld aus Kunststoff zu schätzen?", was Mundschenk bejahte und 27,98 in den Datenübertragungskabeln verschwinden liess.
Gleich nebenan bewarb "Frollein 60" ein Schweisshemd, welches das stiefväterliche Saldo um satte -wir hatten ja grad gespeist- 39,90 erhöhte.
Es folgten:
2 Schlafsäcke für nur noch 168 € vom Outdoorspezialisten, der seine Überschüsse an den Konzern abtreten darf, auf dessen Zentrale die 5 Buchstaben prangen, die anderorts das Vorhandensein von U- oder S-Bahn anzeigen
1 Chronograph eidgenössischer Herkunft, dessen Preis ich erfolgreich verdrängt habe
4 Kleidungsstücke von der Firma, deren Initialen auch für Hakan & Murat stehen könnten
Diverse Kleinteile vom Möbelschweden = 95,87
Abschliessend liessen wir uns noch auf den Ringplaneten beamen, wo es allerdings nicht zum Kauf des ursprünglich ins Visier genommenen Spiels für eine japanische Konsole kam, weil meine Bankkarte in befristeten Hungerstreik trat.
Ein Geldinstitut musste her und so sollte Andrea ihr Apfeleiertelefon befragen, wo sich denn wohl die nächstgelegene Filiale befände. Derweil setzte ich mich ins Auto, schaltete das Radio ein und kurz vorm Wegschlummern kamen Nachrichten. Eine sonore Stimme kündete von Besetzungen der Wall Street, als Andrea ihr Köpfchen zum Fenster hereinstreckte und nur ein Wort sagte:"Mauerstrasse!"
Also wenn das kein Zeichen war. Was kommt da noch drüber? Blutende Wundmale an Händen und Füssen?
Flugs wühlte sich ein honoriger Gedanke durch meine Kleinhirnwindungen. Ich, nein, wir würden die Mauerstrasse besetzen und ein Signal für die freien Bürger der freien Welt setzen. Oder für Österreich.
Mit kurzem Verweis auf ihre Hüften und meinen Bizeps könnten wir´s als eine Massendemonstration titulieren.
Ja.
"Los, fahr da sofort hin!", rief ich voller Enthusiasmus. Und wie sie fuhr. Emotionalisiert ob des Gedankens, ein Zeichen setzen zu können und wie dereinst Rosa Luxemburg mythenumrankt dahinscheiden zu können oder sich vor die Ketten eines Schützenpanzers werfen zu dürfen, gab sie ordentlich Gas, missachtete, welch ziviler Ungehorsam, mindestens 7 Verkehrsschilder, bevor ein schon älterer Polizist seine gichtige Hand per Kelle verlängerte und uns zu sich bat.
"Herr Brigadekommandeursgeneralleutnatmajoradjutant, wir müssen dringend in die Mauerstrasse, Revolution machen."
"Dies ist eine Einbahnstrasse, dies ist die Mauerstrasse. Sie dürfen hier nicht reinfahrn."
"Oooch Scheisse, Sie Spielverderber. Na dann eben nicht. Aber ein andermal. Ganz sicher."